Foto von Nick Fewings

Valentinstag. Ein amerikanischer Exportschlager? Vielleicht.

Ein Tag durchmischt die Gemüter und das rund um den Globus. Wie wird aus einem lokalen Brauch eigentlich eine international vermarktete Tradition?

Olivia Grubenmann

Mittwoch, 13. Februar 2019, 16.00 Uhr

Der Tag der Liebe erobert die Welt

Weltweit wird am Valentinstag am häufigsten "Ich liebe dich" gesagt. Gleichzeitig ist es an einigen Orten verboten, genau das zu tun. Der Valentinstag ist ein Paradebeispiel dafür, wie Kultur globalisiert und doch weltweit anders adaptiert wird. Ich habe ihn für dich genauer unter die Lupe genommen.

Ein alter Brauch…

Als Namensvetter des Valentinstags gilt Valentin von Terni. Dieser war im 3. Jahrhundert n. Chr. Bischof der italienischen Stadt Terni und soll dort Verliebte christlich getraut haben. Haken nur: Zu des Bischofs Zeiten war das Christentum noch verboten, besonders auch die Trauung von Soldaten, die laut kaiserlichem Befehl unverheiratet bleiben mussten. Valentin von Terni traute jedoch alle und das nicht nur mit Gottes Segen, sondern angeblich auch mit reichlich Blumen aus seinem Garten. Ob seiner christlichen Verfehlungen wurde der Bischof auf Befehl des römischen Kaisers Claudius II. am 14. Februar 269 enthauptet. Nur knapp 40 Jahre später wurde das Christentum zur Staatsreligion erhoben und nochmal später: Valentin als Märtyrer heiliggesprochen.

Rote Rosen, Symbol der Liebe und des Opfers… Foto von Oziel Gomez

Übrigens

200 Jahre nach Valentins Tod erklärte Papst Gelasius den 14. Februar zum "Valentinstag", also nicht irgendwelche kommerzhungrigen Blumenhändler des 20. Jahrhunderts.

In England und Frankreich wurde der Tag seit dem späten 14. Jahrhundert als Fest der Jugend und der jungen Liebenden gefeiert. Dieses Brauchtum wurzelt aber wahrscheinlich in einem alten römischen Fest, bei dem junge Männer Lose zogen, um mit dem Mädchen, dessen Name sie gezogen hatten, ein blütenreiches Frühlingsfest zu feiern.

Rund um die Welt

Bereits im Video vom #Globalthursday habe ich erwähnt, dass der Valentinstag von England aus in die USA gelangte und sich dort zum Marketingerfolg mauserte. Die Bräuche von Ländern wie Japan und Deutschland hast du im Video schon kennengelernt. Hier im Blog schaue ich mir noch zu ein paar andere Länder und deren Bräuche genauer an.  

Lateinamerika

Día del amor y la amistad und der Amigo secreto (Tag der Liebe und Freundschaft und geheimer Freund) sind in weiten Teilen Lateinamerikas sehr beliebt und werden am 14. Februar zusammen gefeiert. Mit Ausnahme von Kolumbien. Dort wird der Festtag jeweils am dritten Samstag im September gefeiert. Día del cariño (Tag des Lieblings) wird er in Guatemala genannt. In Brasilien feiert man erst am 12. Juni den Dia dos Namorados  (Tag der Liebenden oder Tag der Freunde), worauf am 13. Juni das Fest des heiligen Antonius folgt, der Schutzheiliger für Ehen und Heiratsvermittlung ist. Viele Brasilianerinnen erhoffen sich, an diesem Tag ihren Zukünftigen zu finden. Ein Brauchtum, den man als Simpatia bezeichnet. Wesentlich unromantischer verläuft da der 14. Februar in Brasilien. Weil der Tag dort wegen des brasilianischen Karnevals nicht gefeiert wird, gilt er als beliebtes Reiseziel für Singles aus Westeuropa.

Afrika

In Südafrika ist es Brauch, am Valentinstag rote und weisse Kleidung tragen. Farben, die Reinheit und Liebe symbolisieren.

Europa

Nach Dänemark, Norwegen und Schweden kam der Valentinstag in den 1960-er Jahren hauptsächlich aus Amerika. Man schickt sich Grusskarten zu, schenkt sich rote Rosen oder kocht dem Geliebten ein feines z’Nacht. Weil der Tag sich nur mässiger Beliebtheit erfreut, versuchen vor allem Blumenhändler, den Tag beliebter zu machen.

Vereinigtes Königreich

Knapp die Hälfte der Bevölkerung Grossbritanniens beschenkt sich zum Valentinstag. Ca. 1,3 Milliarden Pfund werden hier für Karten, Blumen, Pralinen und weitere Geschenke ausgegeben. Es wird geschätzt, dass die Zahl versandter Valentinstagskarten 25 Millionen beträgt.

Blumen und Herzen verkörpern die Absicht wahrer Gefühle.Foto von Denise Jonson

Italien

In Italien treffen sich die Liebespaare meist an Gewässern oder auch Brücken. Dort wird oft ein sogenanntes „Liebesschloss“ angebracht, auf das die Liebenden ihre Initialen, manchmal mit Datum schreiben; auf große Schlösser wird sogar ein Foto des Paares geklebt. Die Partner werfen ihre Schlüssel ins Wasser und wünschen sich dabei etwas.

Irland

Am Valentinstag pilgern viele Christen zur Karmelitenkirche in der Whitefriar Street in Dublin. Dort sollen sich die Reliquien des heiligen Valentin von Rom befinden. Vor dessen Schrein betet man, in Hoffnung eine Romanze zu finden.

Libanon

Ein Grossteil der libanesischen Bevölkerung feiert den Tag des heiligen Valentins, der als Schutzpatron gilt. Paare tauschen am Valentinstag Geschenke aus, die in der Regel Schokolade oder Cupcakes enthalten. Auch rote Rosen werden verschenkt. Sie gelten als Symbol des Opfers und der Leidenschaft.

Längst nicht alle erfreuen sich an der Tradition des Valentinstag. In gewissen Ländern kommt es sogar zu Festnahmen Foto von Georgy Rudakov

Iran

Ähnlich wie in Indien und Malaysia wird der Feiertag auch hierzulande stark von islamischen Traditionalisten scharf kritisiert. Islamische Lehrer sehen in den Feierlichkeiten einen Gegensatz zur islamischen Kultur. 2011 erliess die iranische Printing Works Owners’ Union eine Richtlinie, die „das Drucken und Produzieren jeglicher Waren, die mit diesem Tag verbunden sind, einschliesslich Poster, Schachteln und Karten, die mit Herzen oder Halbherzen verziert sind, rote Rosen und alle Aktivitäten, die diesen Tag fördern“ verbieten. Verkäufer, die dies verletzen, werden gesetzlich verfolgt.

Saudi-Arabien

In Saudi-Arabien wurde 2002 und 2008 der Verkauf aller Valentinstagsartikel verboten, da der Valentinstag ein christlicher Feiertag sei. So mussten die Verkäufer zum Beispiel alle rotgefärbten Waren und Rosen entfernen. 2012 wurden sogar mehr als 140 Muslime verhaftet, weil sie  den Valentinstag gefeiert hätten. Der saudische Geistliche Sheikh Muhammad Al-ʿArifi bezeichnete den Valentinstag als Abweichung von religiösem Recht und Brauch und eine Nachahmung des Westens.

Übrigens: 

Natürlich hat man sich rund um die Welt Alternativen für frisch Verlassene oder langjährige Singles einfallen lassen. Ein Zoo in Texas verfüttert zum Beispiel Kakerlaken an seine Meerkatzen, die den Namen von Verflossenen tragen, die… ja… einen nicht mehr das Herz stehlen sollen. Ganz nach dem Motto: Stop bugging me.

Für viele romantisch: Kondensstreifen am Himmel. Foto von Michael Janek

Tonnenweise Rosen…

Der Valentinstag spaltet nicht nur die Gemüter, sondern hat auch soziale Folgen und ökologisch seinen Preis. Über 100 Millionen Rosen werden allein am Valentinstag nach Deutschland transportiert. Ein massiver Energieaufwand und Kraftstoffverbrauch. Und woher kommen nur all die Rosen her?

Ein Traum von Afrika

Es ist augenscheinlich, dass die klimatischen Bedingungen in Europa einen ganzjährigen Anbau der schönen Vertreterin aus der stacheligen Rosenfamilie vereiteln. Zu viel Licht und Wärme brauchen Rosen, was reichlich teuer über die kalten Monate würde. Was also tun? Die Lösung liegt in Ostafrika. Dort werden seit Jahren Rosen im grossen Stil angebaut, zum Beispiel in Kenia. Die Voraussetzungen scheinen optimal. Licht, Wärme, Arbeitskräfte und reichlich Wasser…

Gravierende ökologische Folgen

Die einzigartige Natur und Pflanzenwelt um den Lake Naivasha ist seit Jahren in Gefahr. Denn Rosen benötigen Wasser. Viel Wasser. Und genau dieses wird aus dem See genommen, der rund 100 Kilometer nordöstlich von Kenias Hauptstadt Nairobi liegt und den Hotspot der afrikanischen Rosenanbauidylle darstellt. Der enorme Wasserverbrauch ist aber nur das eine. Mit Pestiziden verseuchtes Wasser fliesst geradewegs in den See zurück, was den WWF-Experten Philipp Wagnitz warnen lässt: „Afrikas Blumenindustrie gräbt sich selbst das Wasser ab. Die Produktion wächst bis zu dem Punkt, an dem die natürlichen Grenzen gesprengt werden.“

Soziale Folgen

Nach Billigkräften halten die indischen, deutschen oder dänischen Rosenplantagen-Besitzer Ausschau. Und diese gibt es in Kenia reichlich. Gerade einmal ein bis zwei Euro verdienen die Arbeiter*innen pro Tag. Ein Hungerlohn für die anstrengende Arbeit.  Zudem können indigene Volksgruppen wie die Massai nicht mehr ihr Vieh tränken, weil ihnen durch die Plantagen der Weg zum See verwehrt bleibt.

Na dann halt Fairtrade

Leider nein. Zumal setzt Fairtrade kein Biozertifikat voraus und soll wohl viel mehr die ideologische Scheuklappe des schlechten Gewissens bedienen. Denn selbst fairer, biozertifizierter Anbau würde an dem Wasserverbrauch der Plantagen nichts ändern. Dies bestätigt auch Wasserexperte Philipp Wagnitz im Ze.tt Blog: „Die einzelnen Pflanzen verbrauchen dadurch nicht weniger Wasser als vorher. Auch achtet die EU-Biozertifizierung bisher immer noch nicht ausreichend auf das Thema Wasser. Die Anforderungen sind einfach zu lasch.“

#stayvocal

Nächste Woche widmen wir uns dem Tag der Muttersprache. Welche Themen interessieren dich noch? 

Schreib uns – wir berichten darüber.

Olivia Grubenmann
Globate Moderatorin

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