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Englisch als Weltsprache

Zum Welttag der Muttersprache wollen wir uns die Sprachen der Welt etwas genauer ansehen. Wie viele Sprachen gibt es überhaupt auf der Welt? Wie hat es Englisch geschafft, fast jeden Winkel der Erde zu erreichen? Was bedeutet es für das Zusammenleben, eine Weltsprache zu haben und ist Englisch wirklich die Weltsprache der Zukunft? Ausserdem erzählt Ehsanullah Nazari aus Afghanistan, was Muttersprache für ihn bedeutet.

Olivia Grubenmann

Donnerstag, 21. Februar 2019 / 17.30

Im Gespräch mit Ehsanullah Nazari (26) aus Afghanistan

Landessprache, Muttersprache und Weltsprache

Wie wir bereits im Video zum Thema Muttersprache erwähnt haben, gibt es in der kleinen Schweiz ganze vier Landessprachen. Aber das ist noch nicht alles. Neben Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch gibt es in der Schweiz noch viele andere Muttersprachen. Wir haben mit Ehsanullah Nazari gesprochen und erfahren, was Muttersprache für ihn bedeutet.

Ehsanullah Nazari

Ehsanullah ist 2015 aus Afghanistan in die Schweiz gekommen und absolviert gerade ein Praktikum bei Viseca in Zürich. Er spricht ganze sechs Sprachen: Dari, Pashto, Türkisch, Englisch, Deutsch und auch ein wenig Französisch. Von diesen sechs Sprachen ist Englisch für ihn besonders wichtig, weil er sich so in der Schweiz schneller zurechtfinden und verständigen konnte. Wir haben hier die fünf spannendsten Fragen und Antworten aus dem Gespräch für dich zum Nachlesen.

Ehsanullah Nazari beim Interview in der Buchhandlung des Kosmos Zürich.


Welche Bedeutung hat für dich deine Muttersprache?

Die Muttersprache bedeutet für mich die Sprache von dem Ort, wo ich geboren und aufgewachsen bin. In der Muttersprache versteht man Gefühle, Witze und Ironie besser als in anderen Sprachen und man kann tiefe Gespräche führen.


In welcher Sprache schaust du Nachrichten und Filme?

Ich schaue Nachrichten in meiner Muttersprache, weil ich es wichtig finde, über die Situation in Afghanistan Bescheid zu wissen. Filme schaue ich oft auf Deutsch, damit ich neue Wörter lernen und die Mentalität besser verstehen kann. Neu lerne ich auch Französisch.


Welche Sprachen spricht man in Afghanistan?

Kürzlich habe ich gelesen, dass es über 30 Lokalsprachen oder Dialekte gibt. Weil Afghanistan ein multikulturelles Land ist, gibt es zwei offizielle Landessprachen: Dari, eine Varietät des Neupersischen, und Pashto. Englisch lernen wir von der fünften bis zur 12. Klasse und es gibt auch private Kurse, um Englisch zu lernen.


Wie hörte sich Schweizerdeutsch für dich an?

Schweizerdeutsch ist sehr interessant für mich, weil es sehr vielfältig ist. Das erinnert mich an die verschiedenen Dialekte in Afghanistan.


Welche Bedeutung hat Englisch für dich?

Englisch hat mir sehr geholfen. Ich habe schneller deutsch gelernt und hatte kein Problem mit dem Alphabet und der Schrift. Ich finde Englisch wichtig und wünsche mir auch eine internationale Sprache, die alle sprechen und verstehen.

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In 7000 Sprachen um den Globus

Wie viele Sprachen gibt es weltweit?

Weltweit gibt es heute etwa 7000 Sprachen, 150 davon in Europa. Mit 832 Sprachen ist Papua Neuguinea Rekordhalter der grössten Sprachenvielfalt. Allgemein ist die Sprachendichte um den Äquator am höchsten. Doch warum ist das so? Gemäss einem Bericht der Universität Leipzig liegt das unter anderem daran, dass in gewissen Gebieten die Abhängigkeit der Menschen voneinander grösser ist, was zu mehr Homogenität in der Sprache führt. Ein weiterer Grund ist die Grösse des Staates. Vor allem grosse, starke Staaten führen zu mehr sprachlicher Homogenität.

Ist Englisch wirklich unsere Weltsprache?

Obwohl Englisch, zumindest in den westlichen Ländern, heute als Weltsprache angesehen wird, ist die meistgesprochene Sprache Mandarin-Chinesisch mit ca. 1’300 Millionen Sprecher*innen. Auf Platz zwei folgt Hindu mit etwa 525 Millionen Sprecher*innen. Erst auf Platz drei folgt Englisch, mit ca. 510 Millionen (statista.com). Diese Zahlen beziehen sich jedoch nur auf diejenigen, welche die entsprechende Sprache als Muttersprache oder als Zweitsprache sprechen. Würde man auch alle Menschen dazu zählen, die Englisch als Fremdsprache beherrschen, wäre die Zahl der Englisch Sprechenden mit über 1’500 Millionen demnach um einiges höher.


Die Dominanz von Englisch in der heutigen Welt kann historisch mit dem britischen Weltreich, der Vormachtstellung der USA und der Popkultur erklärt werden, die sich von den USA in alle Welt verbreitete. Der Hauptgrund ist aber gemäss welt.de “die Elastizität der Sprache und die Toleranz ihrer User.”

Der Wortschatz in der englischen Sprache ist riesig und es gibt nur wenige Dinge, die man nicht ausdrücken kann. In der Diplomatie und in der Wirtschaft hat Englisch heute eindeutig die Dominanz und wird diese durch das Internet auch weiterhin behalten und ausweiten.

Was ist eine Weltsprache?

Eine Sprache wird als Weltsprache bezeichnet, wenn sie eine hohe Anzahl an Sprechenden aufweist, sowohl als Muttersprache wie auch als Fremdsprache. Manchmal wird eine Sprache auch aufgrund ihrer weiten geographischen Verbreitung als Weltsprache eingestuft. Die internationale Bedeutung der Weltsprachen liegt in der globalen Verwendung der Sprache in der Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur. Dies erklärt, warum einige Sprachen wie beispielsweise Hindi, Japanisch und Koreanisch trotz vieler Sprechenden keine Weltsprachen sind.

Wir sind Weltbürger

Eine Weltsprache zu haben, hat viele Vorteile. Sie erlaubt uns, uns international zu verständigen und Sprachbarrieren zu überwinden. Mit einer Weltsprache werden wir zu Weltbürgern einer zunehmend verflochtenen Welt.

Leider gehen auch viele Sprachen verloren. Waren es um das Jahr 1000 n. Chr. noch ca. 9’000 Sprachen, sind es heute noch etwa 7’000. Schätzungen sagen, dass diese Zahl sich in den nächsten 100 Jahren noch einmal halbieren wird.

Weltsprache der Zukunft

Reisen wir ein paar Jahrzehnte in die Zukunft. Verdrängt Englisch bald die einzelnen Landessprachen? Oder wird Englisch als Weltsprache gar von einer anderen Sprache abgelöst? Und was heisst das für unsere globalisierte Welt?


Jean-Paul Nerrière, der ehemalige Vizepräsident von IBM USA, schlug eine eigene Variante des Englischen vor: «Globish». Nach ihm könnten wir die Zahl der Wörter der englischen Sprache drastisch reduzieren, denn von den 600'000 Wörtern, die heute im «Oxford English Dictionary» stehen, bräuchten wir nach Nerrière lediglich 15'000.

Ein anderes Szenario wäre, dass der technische Fortschritt, der einst dem Englischen dabei half zur Weltsprache zu werden, die Entwicklung umdrehen könnte: Übersetzungsmaschinen und AI könnten eine Weltsprache in Zukunft überflüssig werden lassen.

#stayvocal

Vielen Dank für deine Zeit! Nächste Woche widmen wir uns Trumps Plänen von Importzöllen auf Autos: Würgt der US-Präsident bald den Motor einer globalisierten Wirtschaft ab?

Olivia Grubenmann
Globate Moderatorin

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